Solaranlage auf Haus in Schnee in der Schweiz

Schweizer Solaranlage: Solaranlage mit ausschliesslich Schweizer Komponenten?

In der Facebook Gruppe «Photovoltaik Schweiz» wurde kürzlich die Frage diskutiert, ob eine Schweizer Solaranlage, also eine Solaranlage mit rein Schweizer Komponenten möglich ist. Die Mehrheit der Gruppen-Mitglieder äusserten sich so, dass sie «Swiss Made PV» bevorzugen würden. Einige waren sogar bereit, dafür einen Preisaufschlag zu zahlen. In einem anderen Blogbeitrag haben wir uns ja schon allgemein angeschaut, welche Schritte man unternehmen muss, um eine Solaranlage zu bauen. In diesem Blogbeitrag gehe ich speziell darauf ein, inwiefern eine Schweizer Solaranlage möglich ist.

Möchtest Du Dich neben Schweizer Solaranlagen auch über andere Photovoltaik-Themen mit Schweizer Bezug austauschen? Dann bist Du in der Facebook-Gruppe Photovoltaik Schweiz herzlich willkommen.

Kann man eine Solaranlage mit Schweizer PV-Komponenten bauen?

Eine Swiss-Made PV Anlage im Sinne des aktuellen Schweizerischen Markenschutzgesetzes ist 2022 nicht möglich. In der Schweiz werden Wechselrichter hergestellt, die dem Markenschutzgesetz entsprechen. Auch werden von Schweizer Herstellern Solarmodule sowie Solarkabel und Solarstecker gefertigt. Allerdings werden nicht 60% der Herstellungskosten – wie vom Gesetz gefordert – in der Schweiz erbracht.

Herstellungsprozess von Solarmodulen

Der von den Komponenten her kostenintensivste Teil einer Solaranlage sind die Solarmodule. (Mehr Infos zur Effizienz von Solarmodulen gibt es in diesem Blogbeitrag.) Die Herstellung von Solarmodulen ist ein Prozess, in den viele einzelne Prozessschritte hineinspielen, die oft von unterschiedlichen Firmen ausgeführt werden.

Der Herstellungsprozess (auch Wertschöpfungskette) von Solarmodulen besteht aus 4 Schritten:

1. Gewinnung von Silizium

Silizium ist in normalen Quarzsand enthalten. Quarzsand besteht grösstenteils aus Siliziumdioxid. Silizium muss aus dem Sand abgeschieden werden.

2. Reinigung und Kristallisierung des Siliziums

Das Silizium wird geschmolzen und stufenweise abgekühlt. Man erhält sogenannte Ingots. Dabei werden Fremdkörper von dem Silizium getrennt. In diesem Prozessschritt erhält das Silizium auch seine kristalline Form.

3. Herstellung von Solarzellen

Aus den Ingots werden dünne Scheiben herausgeschnitten, sogenannte Wafer (dies alleine wird teilweise auch wieder von einzelnen Firmen angeboten). Verschiedene Bereiche der Wafer werden «verunreinigt», um so die Leitfähigkeit gezielt zu verändern. Dadurch entstehen die sonnenaktiven Komponenten. Diese werden noch mit Leiterbahnen versehen, um die Elektronen abführen zu können: durch diese fliesst der von der Sonne erzeugte Strom.

4. Herstellung von Solarmodulen

Um die Solarzellen aufs Dach zu bekommen, müssen sie noch in eine dauerhafte und handhabbare Form gebracht werden. Mehrere Solarzellen werden in Glas und Folie eingeschweisst, um sie von Umgebungseinflüssen zu schützen. Zudem werden sie mit Anschlusskabeln und oft auch mit einem Rahmen für das einfachere Handling und die einfachere Installation versehen.

Fertigung von Solar-Komponenten: Europa heute

Die Herstellung von Solarmodulen ist kostenintensiv. Die unterschiedlichen Schritte werden oft von unterschiedlichen Firmen in meist unterschiedlichen Ländern und Kontinenten ausgeführt. Kaum ein einzelnes Land ist heute in der Lage, alle Schritte auszuführen. Bevor wir zur Schweiz kommen, sollten wir daher uns zuerst Europa anschauen.

In der Grafik aus dem Photovoltaik Report vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE sieht man die verschiedenen Prozessschritte und welche Firmen in Europa daran beteiligt sind.

Schweizer Solaranlage: Solarmodulherstellung Europa
Solarmodulherstellung Europa

Das sieht nach vielen Firmen aus. Aber wie sieht die gesamte Produktionskapazität in Europa aus? Das hat die Organisation Solar Power Europe in ihrem EU Market Outlook 2021-2025-Report veröffentlicht. Zum Vergleich der Grössenverhältnisse: in gesamt Europa wurden im Jahr 2021 PV-Installationen mit einer Gesamtleistung von 26 Gigawatt errichtet (ein Gigawatt entspricht ungefähr der Leistung eines «grossen» Kernkraftwerkblocks).

Swiss Made PV: Produktionsvolumen Europa
Produktionsvolumen Solarmodule und Wechselrichter in Europa

In Summe betrachtet produziert Europa zwar knapp genügend Silizium. Wechselrichter (hier gibt es mehr Infos darüber, was Wechselrichter sind und was sie so können) werden sogar so zahlreich produziert, dass sie exportiert werden können. Allerdings ist Europa bei den Ingots, den Solarzellen und den Solarmodulen sehr stark auf Importe von Ländern ausserhalb Europas angewiesen.

Fertigung von Solar-Komponenten: Europa in der Zukunft

Durch den Ukraine-Krieg im Jahr 2022 wurde Europa die Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen drastisch vor Augen geführt. Deshalb möchte Europa nicht nur in Bezug auf fossile Energieträger sondern auch in Bezug auf Erneuerbare Energien seine Abhängigkeit vom Ausland reduzieren. Im Jahr 2021 wurden mehr als 90% der Solarmodule (betrachtet wird die gesamte Prozesskette) in Asien und dort wieder vor allem in China gefertigt. Dies ist natürlich eine extrem grosse Abhängigkeit, die in Zukunft reduziert werden soll.

So fordert Solar Power Europe in Europa Solar-Produktionskapazitäten von 20 GW über die gesamte Wertschöpfungskette bis zum Jahr 2025. Das European Solar Manufacturing Council fordert gar 60 GW bis 2026, um sogar zum Exporteur zu werden. (Quelle: https://www.pv-magazine.com/2022/03/12/the-weekend-read-eu-solar-manufacturing-the-time-is-now/)

In Europa gibt es bereits grosse Anstrengungen, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen. So möchte Meyer Burger aus Thun in ihren Produktionsstandorten in Deutschland 1.4 GW Solarzellen und 1.0 GW Solarmodule ab dem Jahr 2023 produzieren. Der grösste italienische Energieversorger Enel möchte in Sizilien ab 2024  3 GW Solarzellen und Solarmodule pro Jahr fertigen. In Frankreich plant die REC-Gruppe eine Solarmodul-Fertigung von 4 GW. Und das sind nur die Ankündigungen mit dem grössten Impact, es gibt also noch viele weitere.

Fertigung von Schweizer PV-Komponenten

Die eternit AG aus Niederurnen fertigt Solarmodule für Dach und Fassade. Dabei konzentriert man sich auf ästhetisch anspruchsvolle Lösungen. In der Schweiz selbst werden Solarmodule von der Firma Megasol im solothurnischen Deitingen gefertigt. Laut Auswertung des Fraunhofer ISE (siehe Grafik oben) mit einer Kapazität zwischen 50 und 100 MW (entspricht 0.05 und 0.1 GW). Megasol konzentriert sich dabei auf optisch anspruchsvolle «schöne» Solarmodule. Darüber hinaus bietet Megasol Solarziegel an, die farblich normalen Dachziegeln sehr ähnlich sind (die Solarziegel von Megasol und andere ästhetische Entwicklungen von Solaranlagen wurden bereits in einem Blogbeitrag vorgestellt).

Auf ihrer Internetseite bietet Megasol auch noch Montagesysteme für Solaranlagen an. Diese sind speziell für die von Megasol gefertigten Solarziegel ausgerichtet. Darüberhinaus bietet die Ernst Schweizer AG Montagesysteme für Solaranlagen an.

MeyerBurger aus dem Berner Oberland gibt zwar an, dass ihre Solarmodule in der Schweiz entwickelt werden. Gefertigt werden sie allerdings in Deutschland.

Schweizer Wechselrichter werden von der Firma Studer Innotec in Sion hergestellt. Ihr Schwerpunkt liegt auf Hybridwechselrichtern (d.h. für die Wechselrichtung von Strom aus Solarmodulen und Batterien). Ein grosses Augenmerk liegt bei Studer dabei auch noch auf netzfernen Inselanlagen, d.h. ohne direkte Anbindung ans öffentliche Stromnetz.

Um die Solarmodule untereinander und zum Wechselrichter zu verbinden benötigt es noch Solarstecker und Solarkabel. Beides wird von Huber+Suhner aus Pfäffikon gefertigt.

So könnte sie aussehen: die «Schweizerischste» Solaranlage, die heute möglich ist

2017 wurde in der Schweiz das Markenschutzgesetz verabschiedet. Ziel war u.a. die „Marke Schweiz“ nicht zu verwässern. Deshalb wurden harte Kriterien erlassen, wann Produkte und Dienstleistungen als «Swiss Made» bezeichnet werden dürfen. Im Fall von Industriegütern müssen 60% der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen.

Von den oben vorgestellten Firmen wirbt einzig Studer Innotec mit «Swiss Made Energy». (Da ich die Ausgangsdaten nicht selbst überprüfen kann, muss ich darauf vertrauen, dass Studer Innotec dies korrekt verwendet). Im Umkehrschluss muss man davon ausgehen, dass die anderen Firmen die Massgabe der 60% Herstellungskosten in der Schweiz nicht erfüllen – warum sonst sollten sie auf das „Swiss-Made“ Gütesiegel verzichten? Megasol ist auf Solarzellen aus dem Ausland angewiesen. Und bei Huber+Suhner sind „nur“ ca. ¼ der 4’500 Mitarbeiter in der Schweiz beschäftigt.

Eine Schweizer Solaranlage nach Markenschutzgesetzt kann man aktuell also nicht bauen. Wenn man aber eine Solaranlage bauen möchte, die so Schweizerisch wie eben möglich ist, so sollte man Solarmodule und Montagesysteme von Megasol einsetzen, die Verkabelung mit Kabeln von Huber+Suhner ausführen und den Wechselrichter von Studer Innotec einsetzen. Und natürlich sollte das alles von Schweizer Solarteuren installiert werden.

Fazit

Die mit Abstand grösste Wertschöpfung bei Solarmodulen erfolgt in Asien, insbesondere in China. Bei Wechselrichtern ist Europa weltweit führend.

In der Schweiz sind nur wenige Hersteller von Komponenten für Solaranlagen ansässig. Und nur einer erfüllt die strengen Kriterien des Schweizer Markenschutzgesetzes und darf seine Wechselrichter als «Swiss Made» bezeichnen. Allerdings kann man eine Solaranlage errichten, die recht «schweiznah» ausgestaltet werden kann.